In der Plenarsitzung am 14. Juni habe ich bei der Abstimmung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (Strabs) im Bayerischen Landtag nicht mit der CSU-Fraktion gestimmt.
Hier meine persönliche Erklärung zu dieser Entscheidung, die ich im Plenum abgegeben habe:
Sehr verehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bis gestern Abend wusste ich nicht, wie ich heute in dieser Frage abstimmen werde. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Es ist der erste Gesetzentwurf meiner Fraktion, den ich nicht mittragen kann. Allerdings: die Lösungsvorschläge der anderen Fraktionen haben mich auch nicht überzeugt.
Dass ein Systemwechsel immer die Stichtagsproblematik nach sich zieht, ist klar. Hier kommt hinzu, dass es auch noch unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Stichtage geben kann. Völlig willkürlich - nicht nur in meinen Augen – ist der Stichtag des 31. Dezember 2013. Die vordergründige Behauptung folgt dem gleichen Muster wie alle anderen Aktionen, die von den Freien Wählern in dieser Thematik inszeniert worden sind. Da kann ich den Anknüpfungspunkt, Abschluss der Maßnahme, schon eher verstehen. Allerdings: auch hier hängt das rechtliche Ende von Zufällen ab, sei es weil Rechnungen verzögert eingehen oder Dorferneuerungsmaßnahmen sich wegen Formalien hinziehen.
Meine Haltung begründe ich damit, dass durch keinen der vorgelegten Entwürfe das Problem der Stadt Ebermannstadt rechtssicher gelöst werden könnte. Worum geht es?
Kurz gesagt - einzelne Details für Liebhaber lasse ich weg - geht es darum, dass die Stadt Ebermannstadt bis 2014 keine Ausbaubeitragssatzung hatte. Der Bürgermeister wurde immer mit großer Mehrheit wiedergewählt. Durch eine erhöhte Grundsteuer, um aufwändige Abrechnungen zu vermeiden, wurden die Kosten der Sanierungen gesamtsolidarisch getragen. Eine Lösung, die in der Zukunft für viele Gemeinden womöglich ein Ausweg sein wird, also aus heutiger Sicht durchaus visionär. Im Jahr 2015 dann hat Ebermannstadt der „soll“-Vorschrift folgend nach dem Muster des Gemeindetags die Satzung erlassen. Konsequenz: alle, die bis dahin dachten, dass keine Beiträge gezahlt werden müssten, sollten für die Vergangenheit nachzahlen.
Natürlich war der Stadtrat von Ebermannstadt juristisch schlecht beraten, um nicht zu sagen schlecht beeinflusst, als er sich unter Androhung zivilrechtlicher oder strafrechtlicher Folgen die Satzung beschlossen hat. Man hätte nicht für die Vergangenheit abrechnen müssen. Aber in jedem Fall hat die Stadt darauf vertraut, dass dieses System beibehalten wird. Mit dem Wissen von heute hätten die wenigsten der Satzung zugestimmt. Und wer als Parlamentarier jetzt denkt: so ist das eben in der parlamentarischen Demokratie, nichts ist für die Ewigkeit, hat jede Empathie für die Situation der Menschen verloren.
Entscheidend ist: binnen weniger Monate wurde zwei Mal tiefgreifend das Vertrauen der breiten Bevölkerung in das Rechtsempfinden erschüttert, eigentlich zerstört: das erste Mal, weil Anlieger zahlen müssen, die im guten Glauben waren, durch die Erhöhung der Grundsteuer ihren Teil bereits geleistet zu haben. Und zum zweiten Mal, weil durch die heutige Gesetzesänderung für die einen die Zahlungspflicht wieder aufgehoben wird, für andere diese aber bestehen bleibt, obwohl es dafür weder in der Sanierung selbst einen Grund gibt noch dogmatisch zwingend ist. Gerade in der heutigen Zeit sollte es uns Abgeordnete nicht kalt lassen, wenn Menschen einem sagen, dass sie niemals geglaubt hätten, dass so etwas in unserem Staat möglich wäre.
Es ist genau unsere Aufgabe, auch die Auswirkungen unserer Gesetze zu betrachten und auf grobe Ungerechtigkeiten zu prüfen. Hier haben wir eine solche Ungerechtigkeit, die durch ein Gesetz ausgelöst wird. Diese Ungerechtigkeit hindert mich daran, dem Gesetz zuzustimmen.
Und ich wage einen Ausblick: ich sage voraus, dass Kommunen versuchen werden, die Ungerechtigkeiten im Alleingang zu lösen. Zum Beispiel über eine besonders weite Auslegung des § 227 AO oder über eine andere juristische Krücke. Juristisch haltbar werden diese Lösungen in den seltensten Fällen sein. Spätestens wenn sich ein findiger Staatsanwalt damit beschäftigt, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden sich die Abgeordneten des neuen Landtags zusammensetzen und die Missstände beseitigen müssen, die wir in diesem Jahr kurz vor der Wahl nicht in der Lage waren zu lösen. Nach meiner Auffassung lässt sich § 227 AO über das KAG so modifizieren, dass individuelle Lösungen vor Ort gefunden werden können.
Und sollten mich die Menschen im Landkreis Forchheim für eine weitere Periode mit dieser ehrenvollen Aufgabe betrauen, werde ich im Sinne eines „ceterum censeo“ immer wieder daran erinnern, dass der Fall der Stadt Ebermannstadt nicht gelöst ist.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!